Mehr als 150.000 Schwangere leiden jedes Jahr unter Symptomen des Karpaltunnel-Syndroms in Deutschland. Das ist circa jede vierte bis fünfte Schwangere. Die klassischen Symptome, unter denen die Betroffenen leiden sind:
Die Stärke kann dabei stark zwischen den Betroffenen variieren: Während manche Schwangere nur ab und zu leichte Kribbel- und Taubheitsgefühle verspüren, leiden andere unter stärksten Schmerzen in der Nacht, die den Schlaf rauben. In schweren Fällen stehen Betroffene auch vor Problemen im Alltag: Dosen- und Flaschenöffnen, Handygebrauch, Schreiben und andere Tätigkeiten mit der Hand sind aufgrund der Symptomatik nur schwer durchführbar. Die gute Nachricht: In den meisten Fällen verschwinden die Symptome nach der Entbindung des Kindes.
Im Laufe der Schwangerschaft finden unzählige hormonelle Veränderungen statt. Bei vielen Schwangeren führt dies zu verstärkten Wassereinlagerungen im Gewebe an unterschiedlichen Stellen des Körpers. Betroffen sind häufig Füße, Beine, Hände und Arme.
Treten die Wassereinlagerungen im Bereich des Handgelenks auf, kann das dazu führen, dass ein bestimmter Nerv dort eingeklemmt wird – der sogenannte Median-Nerv. Dadurch kann es zu Missempfindungen (Kribbeln, Taubheit, Schmerzen) sowie motorischen Einschränkungen (wenig Griffkraft) besonders im Bereich des Handgelenks und der ersten 3 Finger (Daumen-, Zeige- und Mittelfinger) kommen.
Meist beginnen die verstärkten Wassereinlagerungen erst im letzten Schwangerschaftsdrittel (Trimester), also ca. ab der 28./29. Schwangerschaftswoche. Es kann jedoch auch bereits früher auftreten. Nach der Entbindung des Kindes (oder manchmal auch nach Ende der Stillzeit) verschwinden die Wassereinlagerungen bei den meisten Betroffenen von alleine und damit auch die Symptome des Karpaltunnel-Syndroms.
Die klassischen Symptome Kribbeln, Taubheit und Schmerzen (besonders nachts) im Handgelenk sowie in Daumen-, Zeige- und Mittelfinger sind typisch für das Karpaltunnel-Syndrom. Besonders in schwereren Fällen kommt auch ein zunehmender Verlust der Griffkraft der betroffenen Finger bzw. Hand hinzu. Wichtig ist die Abgrenzung zu einer Sehnenscheidenentzündung, die auch häufig in diesem Bereich auftritt.
Mit zwei leichten diagnostischen Test kannst du den Verdacht auf ein Karpaltunnel-Syndrom erhärten – mit dem sogenannten Tinel- und Phalen-Test.
Tinel-Test: Leg dazu deine betroffene Hand mit der Rückseite gepolstert auf ein Handtuch o.Ä. ab. Klopfe anschließend mit dem Zeige- und/oder Mittelfinger deiner anderen Hand auf dein Handgelenk im Bereich des Karpaltunnels (siehe Bild). Kommt es dabei zu elektrisch einschießenden Schmerzen bzw. Missempfindungen im Bereich des Daumen-, Zeige- und Mittelfingers macht dies ein Karpaltunnel-Syndrom wahrscheinlicher.
Phalen-Test: Klappe wie im Bild deine Handgelenke bzw. Hände senkrecht nach unten (siehe Bild) und drücke die Handrücken etwas gegeneinander. Bleibe in dieser Position für eine Minute. Kommt es innerhalb bzw. unmittelbar nach dieser Minute zu Missempfindungen im Bereich des Handgelenks bzw. der ersten 3 Finger, ist der Test positiv ausgefallen. Dies wäre als Hinweis auf das Karpaltunnel-Syndrom zu deuten.
Abgrenzung zur Sehnenscheidenentzündung: Es kommt vor, dass Beschwerden vom Karpaltunnel-Syndrom mit denen einer Sehnenscheidenentzündung verwechselt werden. Denn auch die Sehnenscheidenentzündung tritt meist an Fingern oder dem Handgelenk auf. Eher für eine Sehnenscheidenentzündung und gegen ein Karpaltunnel-Syndrom spricht es, wenn vorallem bewegungsabhängige Schmerzen auftreten und sogenannte Krepitationen (Knistergeräusche) bei den Bewegungen zu hören oder fühlen sind.
In den meisten Fällen (besonders bei leichter bis mittlerer Schwere der Symptomatik) bekommen die Betroffenen eine Unterarmschiene verschrieben. Diese soll in der Nacht getragen werden und soll ein Abknicken des Handgelenks während des Schlafens verhindern. Die Beschwerden können durch die konsequente Anwendung dieser Schiene oft verbessert werden.
Manchmal wird von der*dem Ärztin*arzt eine sogenannte Glucocorticoid-Therapie empfohlen (eingenommen als Tablette und/oder lokal als Injektion in das Handgelenk). Gerade beim Karpaltunnel-Syndrom in der Schwangerschaft ist davon eher abzuraten bzw. sollte sehr genau überlegt sein.
Schlagen diese Therapieformen nicht an wird manchmal eine Operation in Erwägung gezogen. Bei dieser OP wird im Bereich des Handgelenks eine Bandstruktur durchtrennt (das sogenannte Retinaculum flexorum), um dem betroffenen Nerv mehr Platz zu verschaffen. Auch diese Therapie ist für Schwangere eher ungeeignet (siehe nächster Abschnitt).
Die schnelle Antwort: Eine Operation ist beim Karpaltunnel-Syndrom speziell in der Schwangerschaft in den meisten Fällen weder sinnvoll noch nötig. Das hat mehrere Gründe:
Ein Video einer solchen Karpaltunnel-OP kannst Du in der Videoecke finden. Eine Übersicht über andere Möglichkeiten zur Therapie und Behandlung findest Du hier.